Honorare für bildende Künstler_innen: 2012 hat der Sächsische Künstlerbund eine Richtlinie zu Ausstellungsvergütungen für bildende Künstler_innen vorgelegt.[1] In Berlin konnte die Koalition der Freien Szene ab 2016 verpflichtende Mindeststandards für Ausstellungshonorare in den Kommunalen Galerien durchsetzen.[2] Die entstehenden Kosten werden aus einem hierfür im Landeshaushalt eingerichteten Ausstellungshonorarfonds gespeist, durch diese Vorgehensweise werden die ohnehin meist knappen Budgets der Institutionen nicht zusätzlich belastet.
In Anlehnung auch an Honorarrichtlinien für Musiker_innen oder Kulturschaffende (Stichwort: Fair Pay) hat es sich der Fachbeirat [3] Bildende Kunst des Landes Salzburg während seiner Funktionsjahre 2016 und 2017 zur Aufgabe gesetzt, eine Diskussionsgrundlage und Plädoyer zur Schaffung von zweckgebundenen Fördergeldern für Künstler_innenhonorare im Bereich der bildenden Kunst für das Land Salzburg zu erarbeiten. Der Fachbeirat Bildende Kunst ist ein Gremium des Landeskulturbeirates Salzburg, der wiederum beratende Funktion für die Landesregierung hat.
Gratisarbeit? Nein, danke!
Im ersten Schritt haben wir recherchiert und Best Practice Beispiele gesichtet. Basierend auf diesen Grundlagen luden wir im Juli 2016 zu einer Diskussionsrunde in den kunstraum pro arte in Hallein ein, eine zweite Runde mit erweitertem Teilnehmerkreis fand im Februar 2017 im Chiemseehof statt.
Im kunstraum pro arte diskutierten wir unter dem Titel Has the artist been paid? über die Kostenwahrheit in der Arbeitswelt bildender Künstler_innen. Der Diskussionsabend fand im Rahmen der Ausstellung Kunstproduktion heute – Voraussetzungen und Perspektiven statt, die sich mit den Arbeits- und Lebensbedingungen im Tennengau ansässiger Künstler_innen beschäftigte. Die Künstlerin und Soziologin Korinna Lindinger führte eine quantitative Umfrage durch und setzte die Ergebnisse in frisch gebackenen Tortendiagrammen um. Es zeigte sich, die derzeitige finanzielle Situation bildender Künstler_innen im Tennengau, aber auch im ganzen Land Salzburg, ist nicht selten an der Grenze zur Prekarität und somit der Zone sozialer Unsicherheit zuzurechnen. Während das Produkt, in unserem Fall das Kunstwerk, wie jedes Wirtschaftsgut einen Preis hat, ist es mit der Vergütung von Prozessen so eine Sache. Da meist ein Arbeits- oder Vermarktungsprozess vergütet werden soll, ist hier die finanzielle Abgeltung Verhandlungssache. Ein weiterer Aspekt, der in den Bereich des Urheberrechts hineinspielt: Gibt es für die Verwertung von Musikstücken oder anderen Autografen zumindest einen rechtlichen Rahmen, müssen Vergütungen im Bereich der bildenden Kunst wiederum stets neu und individuell verhandelt werden. Als erster Schluss kann somit die nicht ganz neue Erkenntnis gewonnen werden, dass zur Bewertung und Bezahlung nicht nur der marktwirtschaftlich verbindliche Preis für das Produkt, sondern auch der meist versteckte Produktionswert honoriert werden muss.
Bildende Künstler_innen können demnach großteils nicht von ihrer künstlerischen Arbeit leben. Sollen Künstler_innen gratis arbeiten? Hinter der künstlerischen Arbeit stehen lange Erfahrung, Ausbildung und Aufbauzeit, und der überwiegende Teil der professionell arbeitenden Künstler_innen verfügt über einen fundierten akademischen Abschluss.
Zwei, drei, viele… Kampagnen für Künstler_innenhonorare
In den vergangenen Jahren waren immer wieder Kampagnen zu beobachten, die – durchaus mit Erfolg – die Verankerung von Künstlerhonoraren zum Ziel hatten beziehungsweise haben. Wichtig ist, dass es in allen Initiativen, und auch in jener in Salzburg, um Honorare zur Abgeltung künstlerischer Arbeit geht. So sollen Ausstellungshonorare stets unabhängig davon bezahlt werden, ob eine bereits existierende künstlerische Arbeit gezeigt oder eigens eine neue Arbeit geschaffen wird. Das heißt auch, dass etwaige Produktionskosten, Transportkosten und dergleichen nicht Bestandteile des Honorars, sondern stets unabhängig davon zu finanzieren sind.
Am Beginn solcher Kampagnen standen immer wieder Erhebungen, um den Status Quo zur Bezahlung von künstlerischer Arbeit unter die Lupe zu nehmen. Das war auch unsere Vorgehensweise im Land Salzburg. Die Umfragen fanden hauptsächlich auf informeller Ebene, in zahlreichen Gesprächen statt. Das Ergebnis war, dass in einigen Institutionen bereits Ausstellungshonorare nach den oben genannten Gesichtspunkten bezahlt werden. Spricht man mit Kulturschaffenden aus anderen Sparten, dann stößt man dort auf großes Erstaunen, dass es in der bildenden Kunst nicht selbstverständlich ist, Honorare zu bezahlen. Somit ergibt sich die allererste Maßnahme: Bewusstseinsbildung muss im Vordergrund stehen – bei Künstler_innen, in der Kunst- und Kulturszene, bei Kunstinteressierten sowie darüber hinaus. Es handelt sich schließlich um die Nicht-Bezahlung von Arbeit, und das ist keinesfalls ein Einzelschicksal.
Die Ergebnisse diverser Initiativen für Künstler_innenhonorare reichen von Honorarempfehlungen über Selbstverpflichtungen von Ausstellungsräumen bis hin zu verbindlich verankerten Honoraren, die Voraussetzung für öffentliche Förderungen werden. Es existieren teilweise auch sehr komplexe Modelle zur Honorarberechnung, in denen beispielsweise jüngere und erfahrene Künstler_innen oder Ausstellungsräume je nach Dotierung anders berücksichtigt werden.
Honorare und Vergütung. Aber wie gestalten?
In der in Salzburg geführten Expert_innenrunden im Chiemseehof war man sich einig, dass die Beträge, die an Künstler_innen ausbezahlt werden sollen, in allen Ausstellungsräumen gelten und überall gleich sein sollten. Einerseits sollen Off-Spaces und Kunstvereine in ihrem Budget entsprechende Honorarmodelle verankern können, andererseits soll auch hoch dotierten Ausstellungshäusern und Museen kein Anlass zur Nivellierung ihrer Honorare nach unten gegeben werden. Daraus ergibt sich für diesen Ausgabenposten eine notwendige Entkoppelung vom laufenden Jahresbudget. Natürlich stellt sich auch die Frage der Finanzierung. Aus welchen Budgettöpfen sollen die zusätzlichen Kosten getragen werden? In welcher Höhe sollten Ausstellungshonorare letztlich festgesetzt werden? Welche Ausstellungsorte sind heranzuziehen? Alle öffentlich geförderten Institutionen? Es bleibt auch zu klären, welche Künstler_innen für diese Honorare infrage kommen. Qualitätsabhängig? Oder z.B. auch Hobby-Künstler_innen bei Ausstellungen in einem Café eines Mehrspartenveranstalters? Und ganz wesentlich: Wie sehen Honorare für Künstler_innen-Kollektive aus?
Abgesehen vom Ausstellungshonorar ist auch die Ausstellungsvergütung ein relevantes Thema. Eine Ausstellungsvergütung – im Sinne eines urheberrechtlichen Anspruchs, eines Entgelts für die Werknutzung – wäre im Urheberrechtsgesetz zu verankern. Ist diese Vergütung dann wie anfallende Tantiemen in der Musik zu bewerten?
Im Zuge des Inkrafttretens der neuen Geschäftsordnung und der Neuwahl des Landeskulturbeirates im Herbst 2017 wurden die Fachbeiräte in ihrer bisherigen Form aufgelöst. Dieser Umstand versetzte die Weiterarbeit an der Initiative in eine vorläufige Warteposition. Grundsätzliche Überlegungen zum Thema fanden Einzug in den Kulturentwicklungsplan4 des Landes Salzburg. Wobei hier nicht dezidiert von Honoraren gesprochen wird. Für die zukünftige Arbeitsgruppe (sollte es diese geben) wurde eine Empfehlung abgegeben, die tatsächlichen Möglichkeiten zur Umsetzung im Land Salzburg zu prüfen und einen Rahmenplan zu entwickeln.
Kerstin Klimmer-Kettner ist Kulturschaffende mit vielschichtigem Aufgabenbereich in der freien Salzburger Kulturszene.
[1] www.hfbk-dresden.de/fileadmin/alle/downloads/B/ 2012-12_2013-01_richtlinie_inhalt_druck.pdf
[2] www.bbk-berlin.de/con/bbk/front_content.php?idcat=178
[3] Mitglieder des Fachbeirates: Helga Besl, Reinhold Bidner, Martin Hochleitner, Laila Huber, Kerstin Klimmer-Kettner (Vorsitzende), Elisabeth Schmirl, Herman Seidl, Tina Teufel; Geschäftsführung: Dietgard Grimmer
[4] www.kep-land-salzburg.at/inhalt/kulturentwicklungsplan/kunstproduktion