Erster Film Gender Report zeigt eklatante Geschlechterungleichheit

Das Österreichische Filminstitut (ÖFI) und das Bundeskanzleramt haben die Kurzfassung des Film Gender Reports vorgelegt, der die Geschlechterverhältnisse im Filmschaffen für den Zeitraum 2012–16 erstmals österreichweit und umfassend evaluiert. Konkrete Zahlen und Transparenz sind die Voraussetzung für Bewusstseinsbildung und Veränderung. Der Status Quo ist katastrophal, unsere Branche ist von Geschlechterungleichheit geprägt. Frauen in der Filmbranche müssen die gleichen Chancen haben wie ihre männlichen Kollegen. Dafür notwendige strukturelle Maßnahmen (Anreizmodelle, Quoten, paritätische Gremien etc.) für alle Filmschaffenden und alle Bereiche der Branche müssen nun von Politik und Institutionen ergriffen und umgesetzt werden.

Je geringer das Budget, desto höher der Frauenanteil

Zentrale Ergebnisse des Berichts: 80% der zugesagten Herstellungsforderungen gingen an Männer, nur 20% an Frauen (nach dem Schwedischen Berechnungsmodell gerechnet: Die Film for – derung wird retrospektiv über die drei als zentral identifizierten Stabstellen Regie, Drehbuch und Produktion nach Geschlechterbesetzung dieser Stellen gesplittet berechnet). Nur jeder fünfte Kinospielfilm wurde von einer Frau inszeniert. Mit weiblicher Regie stieg jedoch der Frauenanteil in anderen Stabstellen, Filmfiguren wurden differenzierter dargestellt. Der geforderte österreichische Kinoverleih wurde fast gänzlich von Männern dominiert. Auf der Filmakademie Wien wurden die 44% weibliche Studierende von 30% weiblichen Lehrenden und 10% Professorinnen unterrichtet. Bei Fernsehserien war der Gender Pay Gap besonders eklatant: Fast ein Drittel Frauen führte Regie und schrieb Drehbücher, erhielt aber nur knapp ein Zehntel (Regie) bzw. ein Fünftel (Drehbuch) der Honorare. Grundsätzlich lässt sich sagen: Je geringer das Budget, desto höher der Frauenanteil. So lässt sich auch erklären, warum bei der innovativen Filmförderung des Bundeskanzleramts Anzahl und Budget für die an Frauen und Männer gehenden Förderzusagen fast ausgeglichen sind.

Aktuelle Parole aus Cannes: 50/50 by 2020!

Auf 50/50 warten wir hierzulande noch, wohl über das Jahr 2020 hinaus, auch wenn es erste begrüßenswerte Maßnahmen gibt: das ProPro Produzentinnen-Programm zur Stärkung von Filmproduzentinnen (Österreichisches Filminstitut/Gender*in*equality), den Drehbuch-Wettbewerb If she can see it, she can be it für Frauenfiguren jenseits der Klischees (Drehbuchforum Wien/ ÖFI), ein Gender Incentive (ÖFI) als gezieltes Anreizsystem für Produktionsfirmen für eine vermehrte Beschäftigung weiblicher Filmschaffender. Der Filmfonds Wien, der im Film Gender Report ebenso wenig wie der ORF vertreten ist, hat 2015 Richtlinien im TV-Förderbudget bestimmt, wonach Förderhöchstbeträge nur mehr beantragbar sind, wenn mindestens eine der Positionen Regie, Drehbuch und Produktion nicht rein männlich besetzt ist. Fast alle dieser Maßnahmen – und es wird noch weitere brauchen – entstanden aufgrund des Engagements von FC Gloria – Frauen Vernetzung Film. Ob sie zur geforderten Geschlechtergerechtigkeit führen, wird man erst sehen. Wir werden das jedenfalls laufend beobachten und einfordern.


Andrea Pollach ist Vorstandsmitglied bei FC Gloria – Frauen Vernetzung Film, u.a. freie Drehbuchautorin, Öffentlichkeitsarbeiterin, Filmvermittlerin.