Ein Jahr Covid-19

Rückblick und Ausblick auf Unterstützungsmaßnahmen für Künstler_innen

Am 10. März 2020 gingen die Rollbalken herunter, die ersten Unterstützungsfonds standen zwar schnell, waren aber zunächst in jeder Hinsicht unzureichend. Interessenvertretungen liefen Sturm, erhielten jedoch nie Platz am Verhandlungstisch. Es brauchte den Rücktritt der Staatssekretärin Ulrike Lunacek und erste Straßenmobilisierungen, um Anfang Juli endlich zumindest den Großteil der Künstler_innen – vorübergehend – abzusichern: mit dem Korsett aus Härtefallfonds (WKO), Überbrückungsfinanzierung (SVS) und Covid-19-Fonds (KSVF) für die individuelle Entschädigung. Parallel (und ähnlich langsam) entstanden auch die Fonds und Maßnahmen für Institutionen. Schneller agierten mitunter Länder und Verwertungsgesellschaften – mit dem Nachteil, dass ihre eigentlich komplementär gedachten Maßnahmen durch die Ungleichzeitigkeit zu Kompatibilitätsproblemen führten: Die Logiken eines künstlerischen Erwerbslebens stehen quer zu üblichen Systematiken von Steuern bis zur sozialen Absicherung. Beratungsarbeit, Interventionen, Rechtsklärungen, oft genug individuelle Lösungen respektive Warten und Hoffen prägten die folgenden Monate.

Im Wesentlichen stehen wir dort noch heute. Substanzielle Veränderungen an den Fonds waren nicht möglich. Dafür wurden Verlängerungen fast schon automatisiert. Symptomatisch für die Einkommensverhältnisse von Künstler_innen: Relativ am meisten Geld vergibt jener Fonds, der am wenigsten pro Person auszahlt: Der Covid-19-Fonds (KSVF) entschädigt umgerechnet im Bereich der Geringfügigkeitsgrenze, musste zuletzt aber auf 40 Millionen Euro aufgestockt werden (von ursprünglich fünf).

Im Bereich der Kulturförderung wurde überhaupt individualisiert: Weder Bund noch Länder konnten sich zu allgemeinen Förderrichtlinien zum Umgang mit Covid-19 durchringen. Fördernehmer_innen müssen Zeitrahmen, notwendige Umsetzungen und potenzielle Mitnahmen in Post-Covid- Zeiten individuell aushandeln. Problematisch ist dies vor allem für jene, die in geförderten Projekten oder Institutionen Aufträge verlieren: In viel zu vielen Fällen bedeutet das null Einkommen bei Absage.

Richtig bleibt: Wie im Brennglas hat die Covid-19-Krise gezeigt, wie es um Einkommen, soziale Absicherung und Arbeitssituation in Kunst und Kultur steht, zusammengefasst: prekär. Notwendig ist jedenfalls die Aufrechterhaltung der Abfederungsmaßnahmen bis in Post-Covid-Zeiten hinein, auch der Neustart braucht Unterstützung. Dringend sind jene abzuholen, die die Voraussetzungen für die Hilfsfonds nicht erfüllen und seit nunmehr einem Jahr auf Sozialhilfe verwiesen sind. Grundsätzlich gilt es, die Probleme nie wieder so groß werden zu lassen, dass selbst eine monatliche Entschädigung unter der Armutsgefährdungsschwelle als Erfolg gelten muss. Die nächsten Schritte: Durchsetzung von Fair Pay und damit auch die substanzielle Erhöhung der Förderbudgets, Umsetzung lange anstehender Änderungen für eine volle Kompatibilität der sozialen Absicherungssysteme und selbstverständlich ein bedingungsloses existenzsicherndes Grundeinkommen als Basis. 


Clemens Christl arbeitet für den Kulturrat Österreich.