Was tun gegen Hetze und Diffamierungen von rechts? Was tun gegen Ausgrenzungen und Entrechtungen durch die extreme Rechte und ihren zunehmenden Machtgewinn? In Deutschland lässt ein kämpferischer Solidaritätspakt aus dem künstlerischen und kulturellen Feld aufhorchen: Die Vielen. Auch hierzulande ist die Debatte entfacht.
Wir sind Viele – jede*r Einzelne von uns!
Die Erklärung der Vielen, verfasst von Kunst- und Kulturschaffenden, Produktionshäusern und Verbänden, wurde am 9. 11. 2018 in mehreren Städten Deutschlands gleichzeitig als Ausgangspunkt für gemeinsames Handeln veröffentlicht. Die Unterzeichner*innen verpflichten sich, in der eigenen Institution einen aufklärenden, kritischen Dialog über die Inhalte der Erklärung zu führen – intern ebenso wie mit Besucher*innen. Sie beteiligen sich an der bundesweiten Kampagne mit Aktionstagen, Dialogforen und der Mobilisierung zu einer „Glänzenden Demonstration der Kunst und Kultur“ im Mai 2019. Für gemeinsame Sichtbarkeit sorgt auch das Symbol der Vielen, die gold-glänzenden Rettungsdecken. Mittlerweile sind knapp 20 Erklärungen von Bayern bis Hamburg, von Rostock bis Nordrhein-Westfalen (NRW) entstanden und inhaltlich an regionale Verhältnisse angepasst werden. Auch eine Erklärung in leichter Sprache und eine für Kinder gehören zum Repertoire.
Solidarität statt Privilegien
Jede Erklärung startet vor dem Hintergrund der NS-Vergangenheit und der daraus erwachsenden Verantwortung der Täter*innengesellschaft. Demokratie muss täglich neu verhandelt werden, es geht um alle, um jede*n Einzelne*n – ist zu lesen. Die antirassistische Haltung ist ein entscheidender Punkt. Hier setzt die NRW-Erklärung selbstkritisch an: „Rassismus ist Alltag. Rechtsextremismus ist ein Symptom davon. Dieses Bündnis will nicht nur Symptome bekämpfen, sondern in die Tiefe wirken. Wir setzen uns deswegen mit den eigenen Strukturen auseinander und stellen diese zur Verhandlung. Wir müssen die Kunst- und Kulturräume sowie unsere Gesellschaft öffnen, damit wir wirklich Viele werden!“ Das berührt den Kern der Sache: den Wunsch, viele zu sein, inklusiv zu sein gegenüber der Realität zeitgenössischer Kunst- und Kultureinrichtungen im Hinblick auf ihre Öffentlichkeit und Zugangspolitik.
Es geht um Alle. Die Kunst bleibt frei!
Eine Auftaktveranstaltung von brut Wien, Nazis und Goldmund sowie der Dramaturgischen Gesellschaft hat Ende Jänner in Wien den Anstoß gegeben, auch in Österreich Die Vielen zu gründen. Eine rege Auseinandersetzung der Teilnehmer*innen (v.a. aus Wien, Graz und Oberösterreich) über konkrete Angriffe und Einschnitte durch schwarzblaue Stadt-, Landes- und die Bundesregierung hat zu intensiver Textarbeit und vielen Fragen geführt. Wie können wir nicht nur defensiv, sondern auch präventiv agieren? Wogegen und wofür sprechen wir uns aus? Wie gelingt eine Erklärung, die von möglichst vielen Kunst- und Kulturinstitutionen mitgetragen werden kann und sich klar gegen antidemokratische Tendenzen und die aktuelle Politik der Ausgrenzung und Abwertung positioniert? Wie können wir Die Vielen in Österreich mit existierenden Bewegungen und Initiativen u.a. aus dem Kunst- und Kulturbereich – wie #KlappeAuf, #frauenlandretten, #kulturlandretten oder die bundesweiten Donnerstag- Demos – gemeinsam denken?
Infos, Termine: www.dievielen.de, www.dievielen.at