Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
vielen Dank für Ihre Antwort vom 18. Mai 2018 auf unseren offenen Brief vom 27. April 2018 mit dem Betreff „Antisemitismus ist keine sachliche Kritik“. Ihre Worte, dass Ihnen konstruktive Kritik und ein offener Umgangston wichtig sind, erfreuen uns. Genau deshalb verwundert es uns allerdings, dass Sie nicht auf unsere konstruktiven Fragen eingehen.
Sie weisen in Ihrem Brief darauf hin, dass das aktuelle Regierungsprogramm mit Ihrem Koalitionspartner ein klares Bekenntnis gegen jegliche Form des Antisemitismus enthält. Doch wie die zahlreichen “Einzelfälle” in der FPÖ belegen, hat Ihr Koalitionspartner diese Vereinbarung im Regierungsprogramm gebrochen. Weshalb wir weiterhin um die Beantwortung der Fragen aus unserem letzten Schreiben vom 18. April 2018 ersuchen, die wir hier nochmal anführen möchten:
■ Wir ersuchen um eine sachliche Argumentation, warum die Aussagen von Johann Gudenus nicht antisemitisch sein sollen.
■ Wieso führen Sie eine Koalition mit einer Partei, die einen Klubobmann duldet, der antisemitische Aussagen tätigt und Hetze betreibt? Warum sprechen Sie sich nicht sofort und öffentlich gegen eine solche Entgleisung aus?
■ Warum positionieren Sie sich nicht unmissverständlich und konsequent gegen jede Form von Antisemitismus?
■ Was werden Sie gegen eine solche unterschwellige und antisemitische Kommunikationsstrategie unternehmen?
■ Halten Sie sie solche Kommunikationsstrategien und Behauptungen aus den vordersten Reihen Ihres Koalitionspartners tatsächlich für eine sachliche Vorgehensweise?
Herr Bundeskanzler, uns ist diese Angelegenheit sehr wichtig. Als Interessengemeinschaft für bildende Künstler_innen wollen in dieser Angelegenheit nicht nur Bekenntnisse, sondern auch entsprechende Taten sehen!
Mit freundlichen Grüßen,
Sheri Avraham, Alexander Jöchl, Ezgi Erol, Christoph Steininger, Daniela Koweindl
(Team und Vorstand der IG Bildende Kunst)
Wien, 5.6.2018