Universelles Grundeinkommen #2: Fasziniert von der Idee

Während einer Ausstellung, die ich 2017 kuratierte, hatte ich die Gelegenheit, die Idee des regelmäßigen und direkten Bezahlens ohne Bedingungen genauer kennenzulernen. Die Künstlerinnen Mirjam de Klepper, Gründerin der Wiener Aktien, und Kasia Gruszka, Doktorandin am Institut für Ökologische Ökonomie der WU Wien, präsentierten ein soziales Spiel. Ein Spiel, das unsere Einstellung zum Wert der Währung in Frage stellt und Möglichkeiten für den Wandel, für Änderungen im Zusammenleben und im Austausch von Praktiken aufzeigt. Ich war fasziniert von der Idee und bin zu dem begründeten Schluss gekommen, dass das Universal Basic Income (UBI) der einzige Weg ist, die Probleme der Welt zu lösen. Von dort aus begann das Streben nach Argumenten, die dem widersprechen, und natürlich nach solchen, die diesen widersprechenden Argumenten wiederum widersprechen.
Es ist unmöglich über bedingungsloses Grundeinkommen zu sprechen, ohne sich darüber zu unterhalten, woher das Geld kommt.
Wie können wir so viel bezahlen, ohne neue Steuern einzuheben? Ohne Arbeitsplätze zu verlieren, weil Unternehmen ihre Zentren in Länder verlegen, die günstigere Bedingungen bieten? Ohne die Inflation zu erhöhen? Ohne dass (noch dramatischer) die Wirtschaft zusammenbricht? Interessant und überraschend: Die Antwort auf die Frage, ob diese Idee wirtschaftlich möglich ist, ist nicht binär. Zwischen denen, die die Idee unterstützen und sie für möglich halten, und denen, die die Idee negieren und behaupten, dass es nicht genügend Geldquellen dafür geben wird, verläuft keine eindeutige Trennlinie. Die Argumente sind vielmehr überlappend.
Für diesen Artikel habe ich mit zwei Ökonomen gesprochen, einem aus der Forschung und einem aus der Praxis des Handels. Miguel Gouveia, Associate Professor an der Catolica Lisbon School of Business and Economics, findet die Idee moralisch und politisch richtig, bezweifelt aber die Realisierbarkeit. Shai Podoshin von der Investmentgesellschaft ISP Group hingegen findet einen solchen wirtschaftlichen Plan unvernünftig und nicht nachhaltig. Er verweist aber auf ungenutzte finanzielle Quellen, die die Wirtschaft jahrelang ignoriert hat, wobei sie soziale Ungleichheit zulässt.
Die (unerträgliche) Leichtigkeit, die es Amazon ermöglicht, einen Steuersatz von nur 1,2% im Jahr 2019 zu zahlen, gegenüber 14% für durchschnittliche Amerikaner:innen könnte leicht eine von vielen Quellen sein, die ein bedingungsloses Grundeinkommen finanzieren. Und: Amazon leistete von 2016 bis 2018 eine Zahlung von exakt 0,00 USD an die US-Bundeseinkommensteuer. Dagegen wurde gekämpft. Der Kampf hatte zumindest Teilerfolge, und im Februar 2019 gab es eine leichte Verschiebung, womit Amazon mit 162 Millionen USD am Haken hing. Immer noch nur ein Bruchteil der 13,9 Milliarden US-Dollar an Vorsteuereinnahmen, die Amazon im selben Jahr ausgewiesen hatte.
Ja, es ist leicht, auf das Unternehmen hinzuweisen, dessen Dominanz in den E-Commerce-Kategorien 45 Prozent der gesamten Branche ausmacht. Gleichzeitig macht es das auch leicht, sich eine Änderung in unserer Art und Weise vorzustellen, wie wir frei leben können. Wo Arbeit nicht mehr die Voraussetzung für die Teilnahme an der Gesellschaft sein wird. Wenn es einen Willen gibt, gibt es viele Möglichkeiten! Fortsetzung folgt …


Sheri Avraham wurde 1979 in Beit Dagan geboren. Sie ist Künstlerin, Kuratorin und Theatermacherin und lebt und arbeitet in Wien. Sie sieht ihre Praxis als Übersetzungsprozess zwischen Klassen, Religionen, Geografien und Generationen.


Alle Texte von Sheri Avraham aus der Serie auf einen Blick: Universal Basic Income. Kolumne mit (m)einer Meinung