Têkoşîn ist ein kurdisches Wort und bedeutet „Struggle“. Têkoşîn LGBTI* ist eine Solidaritätsgruppe für Frauen*, Lesben, Schwule*, Trans* und Intersex*Personen, die sich als Migran – t*innen definieren und sich in verschiedenen Phasen des Asylverfahrens befinden. Im Mittelpunkt vonTêkoşîn Arbeit in Wien steht die Sichtbarkeit der Situation der LGBTI*-Flüchtlinge und Solidarität in verschiedensten Bereichen. Es geht aber auch um Austausch von eigenen Erfahrungen als LGBTI*-Migrant*innen und Asylwerber*innen sowie um kritische Auseinandersetzung mit Rassismus, Sexismus, Trans- und Homophobie.
Flucht vor Diskriminierung und struktureller Gewalt.
Auf Grund trans- und/oder homophober Gewalt und Diskriminierung kommen LGBTI*-Flüchtlinge nach Europa und finden sich dort abermals in einer prekären Situation. Durch Behörden und Flüchtingsunterkünfte, die sich mit ihren speziellen Hintergründen nicht auskennen, werden LGBTI*-Flüchtlinge erneut mit Diskriminierung und struktureller Gewalt konfrontiert. Viele entscheiden sich in dieser Situation und Isolation, die Flüchtlingsunterkünfte trotz Verlust von Grundversorgung zu verlassen. Dazu kommt, dass derzeit Asylwerber_innen keinen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, ausgenommen in der Saison- und Sexarbeit. Für viele ist die Sexarbeit daher eine der wenigen Möglichkeiten, sich selbst zu versorgen. Diese Restriktion führt zu einer sehr prekären und verletzbaren Situation, für die es auch in der LGBTI*-Community in Österreich wenig Aufmerksamkeit gibt. Das hat Têkoşîn LGBTI* leider mit dem Tod von Mitglied und Freundin Hande Öncü bitter erfahren1.
Perspektiven. Was ist nötig?
Die Gruppe fordert einen besonderen Status für LGBTI*-Flüchtlinge im Asylverfahren. In Wien und anderen Städten werden selbstverwaltete Wohnräume gebraucht, wo es Beratung und Unterstützung innerhalb eines Community Kontexts gibt. LGBTI*-Flüchtlinge müssen vor trans- und homophoben Gewalterfahrungen geschützt und unterstützt werden, damit ein sicherer und selbstbestimmter Alltag gelebt werden kann. Ein anderes Projekt von Têkoşîn LGBTI* findet in Kooperation mit YXK Wien (Verein für StudentInnen aus Kurdistan) in Diyarbakir/Amed – Türkei Kurdistan statt. Dabei geht es um ein Hausprojekt für minderjährige LGBTI* und Prostituierte, die in der Region von ihren Familien und der Gesellschaft wegen ihrer sexuellen Identität oder Orientierung ausgestoßen werden. Die Marginalisierung der LGBTI* Personen in einer stark patriarchalen Umgebung erschwert die eigene Akzeptanz der sexuellen Identität. Zudem wird die Identitätssuche in der Pubertät durch Zensurmechanismen, welche den Zugang zur Literatur und Information über Sexualität tabuisieren, stark eingeschränkt. Têkoşîn wird versuchen, den Jugendlichen Basisinformationen über diverse Lebensweisen zugänglich zu machen und einen freien Raum für Diskussionen ohne Ängste zu schaffen.
Anil, Emrah, Ezgi und Müco sind Teil der Solidaritätsgruppe Têkoşîn LGBTI*. (facebook.com/tekosinlgbti)
[1] Hande Öncü, Mitglied* der Gruppe und trans* Asylwerberin*, wurde infolge ihrer mehrfach verletzlichen Situation am 19. 1. 2015 in ihrer Wohnung von ihrem Kunden ermordet und beraubt. Die verachtenden und transphoben Nachrichten in den Medien haben die Mitglieder der Têkoşîn LGBTI* tief erschüttert, woraufhin sie einen Nachrufstext als User*innenkommentar für den Standard schrieben: derstandard.at/2000011043534/Hande-die-ermordete-Frau-aus-Ottakring.