¿Selbstverwirklichung als Bezahlung?

Zu den Anliegen und Praxen von Interndinner

Im Oktober 2012 ergriff Interndinner erstmals im Rahmen der Ausstellung Keine Zeit im 21er Haus das Sprachrohr, um mit Kochlöffel, Kapitalismuskritik und den Praxen militanter Untersuchung gegen die vorherrschende Ausbeutung, Geringschätzung und Nicht-Zurkenntnisnahme von Arbeit im Kulturbereich vorzugehen und um dieser aktiv entgegenzuwirken. Aus dieser Veranstaltung gewann das Kollektiv seinen Namen, der sich zusammensetzt aus den englischen Bezeichnungen für Abendessen, dinner, und Praktikant_in, intern: Prekäre, un- und unterbezahlte Kulturarbeiter_innen wurden zu einem Abendessen eingeladen, um einerseits einen Raum zu schaffen, in dem ihre Arbeit gebührend wertgeschätzt wurde und um anderseits über ihre persönlichen Erfahrungen, strukturelle Hintergründe und Möglichkeiten des Widerstands gegen Ausbeutung in der Kulturarbeit zu diskutieren und zu essen.

Interndinner ist eine heterogene und internationale Gruppe, deren Mitglieder Erfahrung mit Praktika in verschiedenen Ländern haben. Interndinner thematisiert Ausbeutungsmechanismen im Kulturbereich und sucht in der Tradition der militanten Untersuchung nach Möglichkeiten des kollektiven Handelns um den Status Quo zu verändern. Wir verstehen militante Untersuchung als Praxis, in der gemeinsame Problemlagen analysiert und Lösungsmöglichkeiten entwickelt werden. Neben Plena und Gruppentreffen organisiert Interndinner Workshops, in denen kommunikative und sensibilisierende Tools entwickelt werden, um zum Beispiel über Honorare zu verhandeln, ausbeuterische Praktikums- und Jobangebote zu benennen und darauf zu reagieren.

Aus der Workshopreihe Gratis Workshop für Gratisarbeitende entstand das Radiostück Es wird viel Arbeit, aber schöne Arbeit das im April 2013 live im Künstlerhaus Büchsenhausen aufgeführt wurde. Filmabende mit kritischer Diskussion sowie ein Blog und eine Mailingliste dienen zur Informationsverbreitung und zum Austausch. Ausgehend von einer individuellen Ebene auf der Veränderungen bewirkt werden können, macht Interndinner zwei weitere Ebenen aus:

1. Die institutionelle Ebene, auf der prekäre Arbeit bekämpft, transparent gemacht und thematisiert werden muss.
2. Die staatlich gesetzgeberische Ebene, auf der es klare Regelungen gegen Ausbeutung unter dem Deckmantel von Bezeichnungen wie Volontariate und Praktika geben muss![1]

Wir freuen uns auf mehr Mitwirkende, spätestens bei der Mayday-Parade mit unserem Schild: ¡Sink Internships!



Interndinner
ist ein offenes Kollektiv, das sich gegen Ausbeutung im Kulturbereich richtet.
Dieser Text wurde auf Einladung der Redaktion des Bildpunkt geschrieben. Mindestens drei Leute von Interndinner haben insgesamt ca. 15 Stunden daran gearbeitet und eine Aufwandsentschädigung von 40 € sowie ein Zeitschriftenabo erhalten. Das Geld wird für Aktivitäten von Interndinner verwendet. In der Redaktion der Zeitschrift waren in den letzten zwölf Jahren keine Praktikant_innen beschäftigt.


[1] Es gibt keine allgemeine Definition des Begriffs „Praktikum“ in arbeitsvertragsrechtlichen Gesetzten in Österreich, vgl. Praktika und Praktikanten/Praktikantinnen in Österreich. Empirische Analyse von Praktika sowie der Situation von Praktikanten/Praktikantinnen, hg. von FORBA, Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt, Wien 2011, S. 11.