Schule für Kunst. Schule wie Kunst.

Ein Plädoyer für die Rettung und Aufwertung der Wiener Kunstschule

Aufgrund gravierender Subventionskürzungen durch die Stadt Wien sieht sich der TrägerInnenverein der Wiener Kunstschule (WKS) zur Schließung des Lehrbetriebs bis Ende 2014 gezwungen. Argumentiert wird, dass die Ausbildung in vielen Teilen nicht mit der Struktur des österreichischen Schulwesens vereinbar sei, also in kein vorgegebenes Schema passe. Die Wiener Kunstschule ist keine Fachhochschule, kein Kolleg, keine berufsbildende Schule und auch keine Universität. Sie ist eine Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht für das Studium der Freien Kunst, deren Abschlussdiplom nicht zur Fortführung eines Studiums an einer Regeluniversität berechtigt. Das Curriculum dieser Schule ist ungewöhnlich, aber es wird angenommen und funktioniert, wie die jährlich stattfindenden Diplomausstellungen (EXIT 2014 Künstlerhaus Wien, 16. 5. – 7. 6. 2014) und die in vielen künstlerischen und kreativen Bereichen erfolgreich arbeitenden AbsolventInnen beweisen. Die Besonderheiten dieser Schule sind zukunftsweisend und liegen in der Vision ihrer Gründerin Gerda Matejka-Felden von einer nicht-elitären Kunstausbildung begründet. Als sozialdemokratisches Ur-Modell orientiert die WKS heute wie vor 60 Jahren ihren Bildungsbegriff am Menschen und dessen Bedürfnissen und nicht an einer industriegerechten Ausbildungsnorm. Die Schule steht heute für eine vierjährige künstlerische Ausbildung mit offenem Zugang, weder Aufnahmeprüfung noch Matura sind nötig. So ist das Angebot der WKS gerade für atypische Lebensläufe von Jugendlichen wie von Erwachsenen eine weiterführende Alternative. Das sogenannte Orientierungsjahr für alle Fachbereiche bietet die Grundlage für ein Weiterstudium in einer der neun Werkstätten (z.B. die einzige Comic-Ausbildung in Österreich). Im Gegensatz zu einem Meisterklassenprinzip werden die Werkstätten von jeweils zwei Lehrkräften geleitet, die Wert auf Kooperationen, Kollaborationen und projektorientiertes Lernen legen. Hierarchische Strukturen werden gemieden, Studierende erhalten in weiten Teilen der Themenfindungen und Organisation Mitspracherecht. Die Diplomarbeit soll das erarbeitete Verständnis reflektieren, dass die eigene Arbeit in einem umfassenden kulturellen und gesellschaftlichen Kontext steht und entsteht. Die WKS bietet so ein basisdemokratisches Bildungskonzept mit einem teamorientierten Gegenentwurf zu den Massenuniversitäten in der österreichischen Kunstausbildungslandschaft. Die Zukunft der WKS liegt in der Betonung eines fachübergreifenden Werkstättenunterrichts, der Optionen zur Koppelung von theoretischen und praktischen Ansätzen beinhaltet. Im Rahmen eines Schulversuchs könnte die Schule weitergeführt und neue Lernszenarien erprobt werden. Sie könnte damit eine PionierInnenfunktion in der österreichischen Bildungslandschaft für künstlerische Ausbildungsformen einnehmen. Im April 2014 wurde der Verein der Freunde und Freundinnen der Wiener Kunstschule – Institut für Kunstförderung gegründet. Vorsitzende Eleni Kapuridis möchte mit ihrem Team den Erhalt der Kunstschule sichern. Das Potential der Kunstschule soll aufgewertet werden ohne die demokratische Grundidee zu vergessen. Der Verein sucht weitere engagierte Mitglieder, um mit gesammelter Kraft die verantwortlichen PolitikerInnen zu überzeugen, die Schule mit einem neuen TrägerInnenverein bzw. einer Genossenschaft weiterzuführen. Ein namhaftes Unterstützungskomitee wird gesucht.


Barbara Höller ist bildende Künstlerin und Lehrende an der Wiener Kunstschule (Werkstätte für Malerei und prozessorientierte Kunstformen).