„Es fehlt überhaupt die Möglichkeit, Einkommen zu erwirtschaften“, bringt es eine_e Künstler_in in der Online-Befragung der IG Bildende Kunst zu Einnahmenausfällen im ersten Monat der Corona-Krise auf den Punkt. Kunst- und Kulturschaffende waren von den Schließungen als erste betroffen. Zwar werden die Einschränkungen nun langsam gelockert, aber was ist mit Veranstaltungen in kleinen Off-Spaces, was mit internationalen Projekten, mit der so wichtigen Vernetzung vor Ort?
Die existenzbedrohende Situation wird lange nachwirken, wie unsere Befragung ergab. 230 bildende Künstler_innen haben daran teilgenommen: Rund 1.140.000 Euro an Einnahmenausfällen hat sie der Lockdown im ersten Monat gekostet. Viele sprechen von einem „Totalausfall“. Fast 1.300 Projekte sind betroffen: 700 Absagen, 435 Verschiebungen, 155 Neukonzeptionen. Die Umfrage ist nicht repräsentativ und bildet nur einen kleinen Ausschnitt der Verluste ab. Sie gibt jedoch Einblicke in die gravierenden Auswirkungen der Corona-Krise und lässt mittel- und langfristige Folgen erahnen. Die verlorenen Einnahmen umfassen auch Projektmittel, die etwa für Material, Ausstattung, Raummieten oder Honorare für weitere Beteiligte vorgesehen waren – und zum Teil ungeachtet der Absagen anfallen. Erschwerend kommt hinzu, dass „der Frühsommer immer eine besonders projektintensive Zeit ist“, wie bildende Künstler_innen wiederholt betonen. „Wenn es bis zum Sommer dauert, kann ich das Jahr 2020 abschreiben.“
Der Covid-19-Fonds im Künstler_innen-Sozialversicherungsfonds (KSVF) und der von der Wirtschaftskammer verwaltete Härtefall-Fonds wurden erst im Lauf der Befragung, die von Mitte März bis Mitte April stattfand, eingerichtet. Schon früh kritisieren Teilnehmende Zugangshürden und sehen die speziellen Arbeitssituationen von Kunst- und Kulturschaffenden nicht ausreichend berücksichtigt. Zwar wurde in der zweiten Phase beim Härtefallfonds nachgebessert, ausgeschlossen sind aber nach wie vor jene, die – auch geringe – AMS-Leistungen beziehen. Und beim KSVF lässt die „Soforthilfe“ auf sich warten, wie überhaupt der Start einer zweiten Phase.
Nicht nur deshalb ist eine vielfach in Kommentaren eingebrachte Forderung: „Jetzt wäre der Zeitpunkt für das bedingungslose Grundeinkommen.“ An zweiter Stelle relevanter Unterstützungen nach den direkten Geldleistungen steht der Wunsch nach Erlass der Miete für Ateliers. Die IG Bildende Kunst hat in Wien bereits Appelle an Wiener Wohnen und WISEG als relevante Ateliervermieter_innen gerichtet, die Mieten zu erlassen – bislang erfolglos. Bei der zu erwartenden langen Durststrecke für Kunstschaffende bleibt die Mietfrage drängend. Stundung verschiebt das Problem nur.
Aus den Umfrageergebnissen hat die IG Bildende Kunst Forderungen abgeleitet: Bedingungsloses Grundeinkommen für alle! Zumindest: unbürokratische Unterstützung über die ersten Monate der Krise hinaus, unter Berücksichtigung der oftmals komplexen Erwerbssituation von Künstler_innen. Wir fordern außerdem eine Aufstockung der Fördermittel für Arbeitsstipendien und für Kunstankäufe sowie eine gezielte Förderung kunstschaffender Eltern.
Jannik Franzen ist kunstpolitische_r Sprecher_ der IG Bildende Kunst.