Künstlerische Positionen: Kultureller Populismus

Jede Ausgabe des Bildpunkt begleiten drei künstlerische Beiträge, die als eigenständige Kommentare und Reflexionen zum jeweiligen Thema des Heftes zu verstehen sind.

Hier ist das WIR-Gefühl noch stark heißt Marlene Hauseggers Foto-Arbeit von 2014, die auf dem Mittelposter zu sehen ist. Mit der steirischen Gemeinde Strallegg zeigt Hausegger eine ländliche Gegend, in der sie Silage-Ballen vorfand, auf die sie mit dickem Pinsel schwarze Smileys malte. Im Hintergrund der Ballen sieht man eine Reihe von typischen Fertigteilhäusern, wodurch der titelgebende Appell an das ‚Wir-Gefühl‘ eine „berührende und zugleich etwas desparate Note“ bekommt (Silvia Eiblmayr). Marlene Hausegger, geboren in Leoben, lebt und arbeitet als Künstlerin in Wien. In ihren temporären Interventionen und Installationen interessiert sie sich besonders für unsichtbare Grenzen und eingeschränkte Möglichkeiten sozialer Situationen, die sie vor allem im öffentlichen Raum offenlegt. Seit 2015 ist sie Lehrbeauftragte an der Kunstuniversität Linz, seit 2019 Jurymitglied des Gremiums für Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich. Zuletzt war ihre Einzelausstellung Stumme Signale im Künstlerhaus Bregenz zu sehen. Derzeit arbeitet sie an einem neuen Projekt im Rahmen ihrer Residency bei The Breeder in Athen.

Die Bildstrecke zeigt Fotos der bunten, poppigen Skulpturen von Gabriele Edlbauer, die sich darin laut Eigendefinition mit „Humor, und oftmals mit schlechtem“ beschäftigt. Hintergründigen Witz gibt es schon in den Titeln zu finden, etwa Puns (Running Susi, Imbiss you), Dad-Jokes (Blanche-Beige), Ausspracheschwierigkeiten ([gabiː’ ʊnt odiː’ fyːɐ̯ siː’]) und spekulative Behauptungen (Quattro Formaggi: Primavera, Estate, Autunno, Inverno). Dass vielen der Objekte, wie Edlbauer selbst schreibt, „im zweiten Moment der Betrachtung eine leicht tiefergehende Strategie immanent ist“, sei, so die Künstlerin „eher beabsichtigt“. „Eine Arbeitsstrategie wäre hierbei: Dinge so falsch zu erzählen, um Verbindungen zu schaffen und sich so einer Wirklichkeit zu nähern, die vielleicht nicht die ganze Wahrheit ist, aber in sich funktioniert.“ Edlbauer arbeitete an der Kunstuniversität Linz und bis 2019 als Assistentin an der Wiener Universität für Angewandte Kunst, zahlreiche Ausstellungsbeteiligungen.

Die Rückseite schmückt der Linolschnitt Die Macht der Bücher des politischen Comiczeichners Thomas Fatzinek. Seit 2015 arbeitet Fatzinek mit dieser aufwendigen Technik, um für den bahoe Verlag Graphic Novels zu gestalten, die die ArbeiterInnenbewegung und antifaschistische Kämpfe zum Thema haben. 2014 erschien etwa das Comic Die Schönheit der Verweigerung über den Widerstand im Salzkammergut, 2016 Als die Nacht begann … über den Februar 1934. Fatzinek, geboren 1965 in Linz, startete als Autodidakt, ehe er in den frühen 2000er Jahren Druckgrafik an der Wiener Kunstschule studierte. Seit zehn Jahren lebt er von der Notstandshilfe, was in seiner Selbstbeschreibung mit der türkisblauen Regierung schließlich „unerträglich“ wurde. Aufgrund des Drucks habe er 2019 seine „geringfügige Anstellung an der Kunstschule beendet und seither auch keinen Strich mehr gezeichnet.“