Künstlerische Positionen: Imaginarios

Die aktuelle Bildstrecke wurde diesmal von Caroline Heider, einer in Wien lebenden Fotografin und Filmschaffenden, gestaltet. Die Klammer der vorgestellten Arbeiten lässt sich dabei in der Auseinandersetzung mit Fragen nach dem Verborgenen und seinen Auswirkungen, nach Kontext- und Bedeutungsverschiebungen, sowie Sehgewohnheiten und gebrochenen Repräsentationsmustern finden. Heider schneidet nicht aus oder trennt Gewolltes von Ungewolltem. Stattdessen faltet sie Fotografien, Stoffe, Notenblätter und andere Materialien. Dabei verbirgt sie durch diesen Eingriff nicht nur gewisse Bildinhalte, sondern wirft auch Fragen nach mit Repräsentation verbundener Macht, sowie Möglichkeiten der Lesart auf. In 26’47” Op.76, Nr.3 Kaiserquartett – Faltung, einer fünfteiligen Videoinstallation, etwa untersucht sie, wie und ob sich die Faltung (als absichtlich herbeigeführter Fehler im Ablauf des Musikstückes) des Notenblattes Notation des 2. Satzes, welcher heute als deutsche Bundeshymne bekannt ist, auswirkt. Angeglichen an den Takt der Musik, wird in einem anderen Teil der Videoinstallation eine Gruppe von österreichischen Gardisten, offiziellen Repräsentanten Österreichs, gezeigt. Reduziert auf ihre Bewegungs- und Griffabfolgen und entledigt ihrem ursprünglichen Kontext und Zweck, lenkt Heider unseren Blick auf ihre Gesten und Schritte.

Emma Wolukau-Wanambwas künstlerische Arbeit umspannt verschiedene Medien (Installation, Sound, Video, Fotografie, Druckgrafik, Zeichnung und Schreiben). Derzeit beschäftigt sie sich mit den Auswirkungen von Kolonialismus auf Denkund Sehgewohnheiten sowie Erinnerung. Ihre Arbeit untersucht Prozesse der Subjektwerdung, kolonialen Exhibitionis- mus und koloniale Überbleibsel in der Kunstausbildung. Ihr Beitrag zur aktuellen Bildpunkt-Ausgabe ist ein Auszug aus der Serie Nice Time – einer Zusammenstellung von Arbeiten, die untersuchen, wie die britische Regierung vor dem Hintergrund der Unabhängigkeitserklärung Ugandas im Jahr 1962 versuchte, ihre Legitimität zu wahren und sich vor rechtlichen Anfechtungen zu schützen, indem im Geheimen große Teile des Archivs der kolonialen Administration zerstört wurden. Parallel dazu wurden im Rahmen von Ausstellungen positive Erzählungen des kolonialen Zusammentreffens verbreitet.

Die Fotoserie The Ghostly and the Golden und der dazugehörige Film wurden während Luiza Margans Beschäftigung als Bauarbeiterin auf der Baustelle eines zukünftigen Modehauses im sogenannten Goldenen Quartier konzipiert, einem Teil der Wiener Innenstadt, in dem sich ein Luxusgeschäft an das nächste reiht. Das Entgelt als undokumentierte Arbeiterin war in dieser Zeit ihre monatliche Haupteinnahmequelle. Gleichzeitig garantierte dieses jedoch auch die weitere Entwicklung dieses künstlerischen Projektes. The Ghostly and the Golden ist eine Weiterführung der künstlerischen Auseinandersetzung Margans mit den Bedingungen von Arbeit und den Beziehungen zwischen verschiedenen Modi der Arbeit – der „toten Arbeit“ von Arbeiter_innen einerseits und der Auratisierung der Arbeit von Kulturproduzent_innen auf der anderen Seite. Durch die Fokussierung auf die sich in den – für die Ästhetik des Goldenen Quartiers so prägenden – Oberflächen der Marmorplatten spiegelnden Arbeiter_innen diskutieren sowohl die Fotoserie, als auch der Film die vielen Schichten des Verschwindens und der Kommodifizierung von öffentlichem Raum, aber auch die Arbeit, die innerhalb dessen stattfindet.