Bildstrecke: Kudzanai Chiurai
Mittelposter: Elif Süsler-Rohringer
Rückseite: Sergio Valdés
The Library of Things We Forgot to Remember ist ein Projekt des Künstlers Kudzanai Chiurai. Was als Teil seiner Ausstellungen begann, hat nun ein permanentes zu Hause in einem kleinen Einkaufszentrum in Johannesburg. Chiruai, der in Zimbabwe geboren ist und in Südafrika lebt, macht hier seine persönliche Sammlung aus Platten, Büchern, Zines, Postern und vielem mehr öffentlich zugänglich. Das Archiv beruht auf Interaktion: Es gibt Hörstationen und Raum zum Recherchieren, die Sammlung wird durch Schenkungen von Privatpersonen und Institutionen ständig erweitert und Chiurai hat im Lauf der Zeit diverse Personen eingeladen, für internationale Ausstellungen eine Auswahl aus der Sammlung zu kuratieren. Dabei realisiert er nichts weniger als eine alternative Geschichtsschreibung afrikanischer Geschichte, insbesondere der Befreiungsbewegungen. Politische Reden, struggle songs, panafrikanische Mobilisierung – all das wird in der Library of Things We Forgot to Remember in Bezug zur Gegenwart gesetzt.
Auf dem Rückencover zeigen wir Filmstills aus dem Dokumentarfilm Tomacorriente – Eine Geschichte von Rock, Jugend und Rebellion in Guatemala –, Dokumentarfilm in Vorbereitung (2024) von Sergio Valdés. Valdés sucht in seinen Arbeiten nach formalen Lösungen für die Darstellung eines Raums der Begegnung zwischen Politischem und Poetischem, Rationalem und Emotionalem. Einen großen Einfluss hatte das Schaffen und soziale Engagement von Luis Cardoza y Aragón auf ihn. Von Armando Lazo hat Valdés gelernt, sich einen kinematografischen Code anzueignen, sich auf die Form und ihre politischen Implikationen zu konzentrieren, nach dem Vorbild von Glauber Rocha, Dziga Vertov und Jean-Marie Straub. Für Valdés ist die Standfotografie ein Spiegel der Erinnerung, getragen von der Poetik des Augenblicks. Die Leinwand wird zum Ort der Reibung, der Begegnung des einen mit dem anderen, der Vergangenheit mit der Gegenwart, des Vergessens mit der Erinnerung, der Nostalgie mit der Realität, der Kreativität des Künstlers mit der Sensibilität derer, die, wenn sie mit dem Geschaffenen konfrontiert werden, es neu erfinden und es auf ihre eigene Utopie hin ausrichten.
Eine digitale Collage (2024) von der Künstlerin, Textil- und Grafikdesignerin Elif Süsler-Rohringer zeigen wir auf dem Mittelposter. In ihrer Doktorarbeit beschäftigt sie sich mit dem Transfer von Designkenntnissen aus einer postmigrantischen Perspektive. Auch forscht sie zu Lücken in der Erinnerungskultur und untersucht vergessene Geschichten transnationaler Verknüpfungen. Die hier gezeigte Collage besteht aus Archivbildern der Textilfabrik Franz M. Rhomberg aus Vorarlberg und einer Detailzeichnung, die in vereinfachter Form das „Türkenmuster” darstellt. Das Türkenmuster ist seit dem 18. Jahrhundert ein wiederkehrendes Motiv in der Textilgeschichte, dessen Ursprung ungeklärt ist. Türkenmuster tauchen zu unterschiedlichen Zeiten und an verschiedenen Orten auf. Sie zeugen von einer globalen Textilgeschichte: an die Stelle nationalen Ursprungs tritt ein Netzwerk von Transfers, eine Geschichte der Wiederholungen, eine Geschichte der Muster von Textilmustern. (© die Bilder im Hintergrund: Wirtschaftsarchiv Feldkirch)