Tag der Arbeit, 2005: Die bættlegroup for art [1] tritt mit einer Plakataktion zum Thema Prekariat in Kunst und Kultur erstmals an die Innsbrucker Öffentlichkeit. „Kultur ist Arbeit – Arbeit verdient Geld“ ist die Botschaft, und: „Wir machen’s Euch gern, aber nicht gratis!“
2006 erscheint Ina Wudtkes großartig ambivalente Videoarbeit A Portrait of the Artist as a Worker (rmx) über die ineinander verschwimmenden Lebens- und Arbeitsbedingungen von Künstler_innen, die beim Symposium Freie Szene – Freie Kunst gezeigt wurde und fatalerweise nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat.
Die Studie zur sozialen Lage der Künstler_innen in Österreich bringt 2008 wenig Überraschendes zutage: Die (Alters-)Armutsgefährdung ist groß, nicht selten bestehen Lücken im Sozialversicherungsschutz. Zehn Jahre später bestätigt die Studie Soziale Lage der Kunstschaffenden und Kunst- und Kulturvermittlerinnen und -vermittler in Österreich 2018 eine nahezu unveränderte Situation. [2]
Was also tun, außer langen Atem zu beweisen? Beim Symposium „Freie Szene – Freie Kunst“ auf Initiative der Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler in Kooperation mit Interessenvertretungen diskutieren im April 2019 internationale Expert_ innen konkrete Strukturen und Ideen (nicht nur) für Wien.
Yvonne Gimpel, Geschäftsführerin der IG Kultur Österreich, bringt es im Vortrag „Von der Utopie des Möglichen“ auf den Punkt: Oft ist es eine Kunst des Überlebens, die Kunstschaffenden abverlangt wird. Good Practice-Beispiele gibt es nur punktuell und in lokalem Kontext, wie das Berliner Modell für Ausstellungshonorare des berufsverbands bildender künstler*innen. Sie empfiehlt Kunstschaffenden, sich als Arbeiter_innen wahrzunehmen: Mit diesem Selbstverständnis sind Forderungen nach besseren Bedingungen und auch die Abgrenzung zum Hobby leichter durchzusetzen. Künstler_innen sind in Bezug auf Selbstoptimierung und -ausbeutung „der Traum jedes neoliberalen Vertreters“. Gimpel ruft zu kollektivem Widerstand und zur Bildung neuer Allianzen auf, „damit die Spirale der entgrenzten Prekarisierung sich nicht weiter beschleunigt“. Mindeststandards zu formulieren und in Förderanträgen reale Kosten zu transportieren, dient der Selbstermächtigung der Kunstschaffenden sowie der Aufklärung der Fördergeber_innen und der Öffentlichkeit. Honorarrichtlinien, wie sie auch die IG Bildende Kunst herausgegeben hat, sind ein erster Schritt. Das zeigen die Beiträge beim Symposium unisono. Setzen wir uns gemeinsam dafür ein: Kunst ist Arbeit – Arbeit verdient Geld!
Ingeborg Erhart ist Kunsthistorikerin, Kuratorin und Kunstvermittlerin. Sie arbeitet als künstlerische Leiterin und Geschäftsleitung für die Künstler_innenvereinigung Tiroler Künstler*schaft.
[1] Mitglieder sind: aut. architektur und tirol, BRUX Freies Theater Innsbruck, IG Autorinnen Autoren Tirol, Literaturhaus am Inn, p.m.k Plattform mobile Kulturinitiativen, Tiroler Künstler*schaft und Künstlerhaus Büchsenhausen, TKI – Tiroler Kulturinitiativen, Freirad Freies Radio Innsbruck, WEI SRAUM. Seit 2018 firmiert die battlegroup ohne e – wir haben das Betteln satt!
[2] www.kunstkultur.bka.gv.at/kunst-studien-berichte