Fragen, Phrasen und Fragmente zur Freund*innenschaft

Wir haben keine Ahnung, was Freundschaft ist/ Wissenschaft und Poesie kümmern sich fast nie um sie/ Und stehn vor einem völlig unerforschten Bereich/ Freundschaft ist Welle und Teilchen zugleich/ Wir haben keine Ahnung, was Freundschaft ist/ Wo beginnt, wo endet sie?/ Anders als Liebe und Sympathie/ Ist Freundschaft unbestimmt und grenzenlos/ Und ein Gruß der Sozialdemokratie (Die Guten: Freundschaft, 1993; auf dem Album Alles Gute, Trost Records 1999)

Dieses Songtextbruchstück der vergessenen Wiener Diskursschweinerockband Die Guten sagt nicht allzu viel; weder an noch aus. Und weil ich eben keine Ahnung habe, was Freundschaft, geschweige denn Freundinnenschaft, ist oder kann oder soll, stellen sich (nicht nur) mir Fragen zu Praktiken und Phänomenen der Freund*innenschaft. Die kürze ich hier mit F. ab; also, die Freund*innenschaft, nicht die Fragen. Wenn dieser Bildpunkt erschienen ist und ich darin gelesen haben werde, wird mir einiges klarer sein, und andere Fragen werden auftauchen. No na.

Ist F. voraussetzungslos? – Gilt auch fb-F.? (Hab eh keine.) – Betrifft F. nur meine Freund*innen? Oder alle meine Freund* innen? Oder alle als Freund*innen? Oder nur die coolen von ihnen? – Gehören meine Freund*innen mir? – Ab wann ist F. Seilschaft? Und ist F. gschaftig? Oder auch mal scheißfreundlich? – Ist der Schaft in F. so imperial und phallokratisch wie das Ship in friendship kolonial und matrosenmännerbündlerisch? – Ist F. Solidarität, anders geschrieben? Oder anders gedacht? Oder etwas anderes? – Geht F. über Klassengrenzen? Oder über Leichen? Oder macht sie diese erfahrbar (die Klassen die Grenzen und die Leichen an letzteren)? – Warum grüßt die SP mit „Freundschaft!“ und die FP mit „Glück auf!“? (Sofern sie nicht mit Heil oder Dreifinger grüßt. „Glück auf“ ist montan und aus Leoben, „Heil“ ist momentan noch verboten.) – Ist Freund*in das häufigste Wort mit EU drin? (Außer in Ösistan: Da ist es „heuer“.)

Wenn das lateinische hospes als Adjektiv „gastfreundlich“, aber auch „fremd, ausländisch“ und als Hauptwort „Gast“ wie auch „Fremde*r“ heißt – hat dann der/die Freund*in teil an der immanenten Zweideutigkeit jener westlichen Worte, in denen Gegensätze zusammengefasst sind? Also, so wie sacer für „heilig“ und „abscheulich“ oder wie die Nähe von Freund*in zu Feind*in, ausgehend von hospes/hostis, oder von heimlich zu unheimlich (was Freud so beschäftigt) oder von Wetter zu Unwettter (was viele beschäftigt). Sind das Urworte? Oder die Ur-Worte? Oder nur Worte? Oder Un – worte, so wie „unfreundlich“?

Ist Souverän auch, wer über den Freund und die Freundin entscheidet? – Wie sieht Freud die F.? – Freut sich der Freund und die Freundin? Oder freuen sie mich? – Müsste man* Freundinnen sein (wie Funny van Dannen schrieb und die Lassie Singers mit Nachdruck postulierten)?


Drehli Robnik ist Theoretiker in Sachen Film & Politik; Bücher über Postfordismus-Horror, Rancière und Kracauer.