Der Träger des Großen Österreichischen Staatspreises 2012 Dr. Peter Waterhouse hat gemeinsam mit Rechtsanwalt Mag. Rudi Vouk vor dem Landesverwaltungsgericht Kärnten eine bedeutsame Entscheidung für Künstler*innen erkämpft: Erstmals in Kärnten/Koroška wird der Zweitwohnsitz als erforderlich für die Berufsausübung im Zusammenhang mit künstlerischer Tätigkeit anerkannt und somit die Befreiung von der Abgabenpflicht wirksam.
Da der Schriftsteller und Übersetzer Dr. Peter Waterhouse neben seiner Wohnung in Wien auch in seinem Haus in St. Veit im Jauntal/Šentvid v Podjuni nicht nur lebt, sondern auch arbeitet, legte er Beschwerde gegen die Vorschreibung der Zweitwohnsitzabgabe und der Ortstaxe ein. Gemeinsam mit Rechtsanwalt Mag. Rudi Vouk argumentierte er, dass er dieses Haus benötigt, um seiner schriftstellerischen Tätigkeit nachzugehen, da er etwa das größere Platzangebot für Archivmaterial als auch die ruhige Umgebung für seine Berufsausübung benötigt. Das Landesverwaltungsgericht Kärnten/Koroška hat seiner Beschwerde stattgegeben und damit die berufliche Nutzung eines Nebenwohnsitzes durch einen Künstler anerkannt. Somit ist die bestehende gesetzliche Ausnahme erfüllt: Die Abgaben dürfen nicht vorgeschrieben werden.
Diese Entscheidung ist über den Einzelfall hinaus bedeutsam, da viele Schriftsteller*innen, aber auch beispielsweise bildende Künstler*innen „Zweitwohnsitze“ nutzen, um ihre künstlerische Tätigkeit auszuüben oder auch ihre Werke aufzubewahren. Dieses Erkenntnis schafft somit eine Grundlage für alle Künstler*innen, die einen Zweitwohnsitz auch beruflich nutzen, ebenfalls gegen eine Vorschreibung der Zweitwohnsitzabgabe und auch der Ortstaxe juristisch vorzugehen.
Um sowohl die Gerichte als auch die betroffenen Künstler*innen vor dieser Belastung zu bewahren, halten die Interessengemeinschaften IG KiKK, IG Bildende Kunst und IG Autorinnen Autoren es nun für dringend notwendig, eine klare Definition für Ausnahmen von der Zweitwohnsitzabgabe für Künstler*innen zu schaffen. Waterhouse und Vouk haben den Kulturreferenten des Landes, Landeshauptmann Dr. Peter Kaiser, bereits vor Einleitung des Verfahrens aufgefordert, diesbezüglich tätig zu werden – bislang leider ergebnislos.
Denn, so Mag. Rudi Vouk: “Sollte diese Entscheidung nicht zu einer Änderung in der Abgabenpraxis der Gemeinden kommen, müsste man künftig auf Gedenktafeln statt ‚in diesem Hause lebte von – bis der/die Künstler*in‘ schreiben ‚für diese Wohnung bezahlte der/die Künstler*in von – bis die Zweitwohnsitzabgabe‘“.
Künstlerische Tätigkeit braucht Raum. Kunst braucht Raum. Als Interessenvertretungen von Autor*innen, Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen fordern wir unmissverständliche Rechtsgrundlagen, die eine Befreiung von der Zweitwohnsitzabgabe bei auch beruflicher Nutzung sicherstellen.
Hintergrundinformation
Die Zweitwohnsitzabgabe ist Länder- und Gemeindesache. Aktuell gibt es verschiedene Umsetzungen in Vorarlberg (ab 1.1.2024), Tirol, Salzburg, Oberösterreich, Steiermark und Kärnten.
In Kärnten ist für einen Zweitwohnsitz eine Abgabe und damit verbunden auch eine pauschalierte Ortstaxe fällig. Das Kärntner Zweitwohnsitzabgabengesetz sieht eine Ausnahme vor, wenn die Wohnung für Zwecke der Berufsausübung erforderlich ist. Während Freiberufler*innen wie Rechtsanwält*innen für ihre Kanzleien, Ärzt*innen für ihre Ordinationen oder selbstständige Gewerbetreibende für ihre Werkstätten selbstverständlich keine Zweitwohnsitzangabe bezahlen müssen, wird Künstler*innen regelmäßig eine Zweitwohnsitzabgabe und auch eine Ortstaxe vorgeschrieben, wenn sie neben ihrem Hauptwohnsitz noch an einer anderen Adresse ein Atelier, eine Schreibstube oder eine andere Räumlichkeit (auch) betrieblich nutzen, um ihrer künstlerischen Tätigkeit nachzugehen. Die Gemeinden – in diesem Fall die Gemeinde St. Kanzian am Klopeiner See/Škocjan ob Klopinjskem jezeru – argumentierten bisher, dass eine Ausnahme nur dann gelte, wenn eine Wohnung ausschließlich der Berufsausübung dient und, dass die Ausnahme schon nicht mehr zutrifft, wenn der Ort auch für andere Tätigkeiten genutzt werden oder übernachtet werden kann.
Veranstaltungshinweis
Zum Austausch über die Arbeitsbedingungen freischaffender (bildender) Künstler*innen laden die IG Bildende Kunst und die IG KiKK am 23.1.2024 in den Kunstraum Lakeside ein. Zum Thema Fair Pay in der bildenden Kunst diskutieren Mag. Andrea Kirchmeir (Mitarbeiterin im Förderwesen Bildende Kunst, Kulturabteilung Land Kärnten), Mag. Alexander Gerdanovits (Leiter Kulturabteilung Stadt Klagenfurt) und Daniel Russegger (Geschäftsführer Kunstverein Kärnten) unter der Moderation von Elena Stoißer (IG KiKK).
Pay the artist now! Infotour 23/24 – Fair Pay in der bildenden Kunst
Dienstag, 23. Jänner 2024, 18-20 Uhr
Kunstraum Lakeside
Eingang EG West, Lakeside B02, 9020 Klagenfurt am Wörthersee
Mehr Info zur Veranstaltung: https://igbildendekunst.at/programm/pay-the-artist-now-infotour-2023-24-klagenfurt/
Kontakt:
Elena Stoißer, Büroleitung
IG KiKK – Interessensgemeinschaft der Kulturinitiativen in Kärnten/Koroška
+43 (0) 699 13167171 | office@igkikk.at | www.igkikk.at