Zur Schrift Egyptienne

In jeder Ausgabe des Bildpunkt wird der Titel des Schwerpunktthemas in einer anderen Schrifttype gesetzt, diesmal in der Egyptienne. Sie wurde 1956 vom schweizer Typografen Adrian Frutiger für die französische Schriftgießerei Deberny & Peignot geschnitten. Egyptienne ist aber nicht nur der Name dieses Schriftschnittes, sondern er bezeichnet in der Typografie auch eine ganze Schriftfamilie, die sich durch starke, in der Regel rechtwinklige Serifen auszeichnet (Eine Serife ist ein kleiner Querstrich am Ende von Buchstaben – balken). Diese relativ junge Gattung entwickelte sich in England Anfang des 19. Jahrhunderts. In der industriellen Revolution wurde Werbung wichtig. Schriften wurden groß abgebildet und sollten Aufmerksamkeit erregen. Die Egyptienne-Schriften eigneten sich aufgrund ihrer plakativen, übertriebenen Serifen perfekt für Headlines (nicht aber für Lesetext). Die Bezeichnung Egyptienne hat jedoch keinerlei formalen Bezug zu Ägypten oder zur Antike. Weder wurde sie dort entwickelt noch verweist sie auf eine (imaginäre) Formensprache dieser Region. Der Name ist eine rein werbetechnische Erfindung. Ägypten war einfach zu dieser Zeit in Mode. Seit Napoleons Ägypten-Feldzügen von 1798 bis 1801 breitete sich diese Modeströmung über ganz Westeuropa bis in die USA aus. Der Empire-Stil wurde davon beeinflusst. Der Name evozierte exotische Vorstellungen von Anderen in der Ferne und die Schriften verkauften sich gut …


Toledo i Dertschei sind Eva Dertschei und Carlos Toledo. Als Gestalter_innen beschäftigen sie sich in unterschiedlicher Form mit Schrift, Sprache und Sprachpolitik. In dieser Glosse im Bildpunkt wird jeweils eine andere Schrifttype vorgestellt und in Bezug zum Thema des Heftes gestellt.