Ironie kann uns irritieren, verblüffen und durch eine komische Wendung zum Lachen bringen. Das komische und belustigende Potenzial von Ironie liegt dabei in der entstehenden Spannung zwischen dem, was geäußert, und dem, was tatsächlich gemeint wird.
Ein Grundprinzip von Komik ist nämlich der überraschende Bruch mit der Erwartung an eine Situation, indem zwei Elemente auf unvorhergesehene Weise zusammengeführt werden. Dabei entsteht eine komische Schieflage bzw. Inkongruenz, die uns amüsiert und zum Lachen bringt (vgl. Critchley 2004: 12). Komische Äußerungen spielen deshalb oft mit sozialen Konventionen, Praktiken und Ordnungen, die in der Pointe überraschend in einen neuen Zusammenhang gestellt werden. Dadurch kann Gewohntes verfremdet und anders wahrgenommen werden. In diesem Mechanismus liegt letztlich das transformative und politische Potenzial von Komik: Der Status Quo von gesellschaftlichen Macht- und Herrschaftsverhältnissen kann in seiner Absurdität offengelegt und in Frage gestellt werden (vgl. Critchley 2004: 19-20). Die Mehrdeutigkeit von Komik und auch von Ironie kann aber ebendiese gesellschaftlichen Macht- und Herrschaftsverhältnisse auch bestätigen und stabilisieren. So ermöglicht ein ironisches Augen-zwinkern eine beiläufige Distanzierung vom sexistischen, rassistischen oder homo-/transfeindlichen Gehalt einer Äußerung (vgl. Ahmed 2017: 261). Wird dennoch Kritik geübt, kann diese mit Formeln wie „Das war gar nicht so gemeint!“, „Sei nicht so empfindlich!“ oder „Verstehst du keinen Spaß?“ delegitimiert und zurückgewiesen werden. Gerade in öffentlichen Debatten zu sogenannter „Political Correctness“ und „Wokeness“ wird queerfeministischen und antirassistischen Aktivist*innen deshalb gerne der Sinn für Humor abgesprochen: Feminist*innen verstehen keinen Spaß.
Die feministische Theoretikerin Sara Ahmed wendet dieses stereotype Bild der feministischen Spaßverderber*in bzw. der feminist killjoy zu -einer politischen Figur um: Feministische Spaß–verderber*innen werden demnach zu Unruhestifter*innen, indem sie sich durch ihr Unbehagen an den Verhältnissen dem Vergnügen ihrer Umgebung in den Weg stellen (vgl. Ahmed 2010: 50ff). Ein solcher Killjoy Feminism reiht sich in eine Genealogie wütender Feminismen ein, die eine gewisse Skepsis gegenüber fröhlichen Feelgood Feminisms hegen. Ein an Spaß und Vergnügen orientierter Feminismus verliere demnach seinen Stachel, weil er dadurch als „freundliche“ und letztlich auch vermarkt- und kommodifizierbare Variante in Erscheinung trete (vgl. Banet-Weiser 2018: 15). Doch heißt dies keineswegs, dass es feministischen Spaßverderber*innen an Humor oder einem humorvollen Zugang fehle. Im Gegenteil versteht Sara Ahmed gemeinsames Lachen als ein verbindendes und ermächtigendes Moment in queer-feministischen und antirassistischen Bündnissen. Das Lachen über die Absurdität von erlebter oder beobachteter Ungleichheit wirkt einerseits kollektivierend, andererseits ermöglicht es Muster von Macht- und Herrschaftsverhältnissen sichtbar und angreifbar zu machen (vgl. Ahmed 2017: 245).
Es mischt sich also immer auch ein Unbehagen unter das unruhestiftende Lachen feministischer Spaßverderber*innen. Die Komikforscherin Maggie Hennefeld spricht deshalb von einer Art Killjoy Comedy, bei der stets eine politisierende Wut mitschwingt (vgl. Hennefeld 2021: 136).
Auch die feministische Theoretikerin Donna -Haraway sieht in Ironie die Verbindung von Komik und Ernsthaftigkeit politisch wirksam werden: „Irony is about humor and serious play. It is also a rhetorical strategy and a political method” (Haraway 1990: 191). Das durch komisches und ernstes Spiel ausgelöste Lachen ist also nicht immer nur ein Ausdruck von Vergnügen, sondern kann auch mit Überrumpelung, Irritation oder Abwehr verbunden sein. Die mitschwingenden unbehaglichen Gefühle können den Ernst im Spiel präsent halten, wodurch das erzeugte Lachen sich nicht in Distanzierung oder Eskapismus verliert. Dieses Unbehagen ist das unruhestiftende Element queer–feministischer und antirassistischer -Komik, sei es in Form von -bitterer Ironie oder bissiger Satire.
Als Beispiel kann in diesem Zusammenhang ein Plakat der Satirikerin Stefanie Sargnagel genannt werden, das im Herbst 2022 im Rahmen einer Plakatkampagne im öffentlichen Raum in Tirol zu sehen war. Die Kampagne wollte mit verschiedenen Sujets zur Auseinandersetzung mit patriarchaler Gewalt und Femiziden anregen. Das Plakat von Stefanie Sargnagel zeigt auf dunkelgrauem Hintergrund eine -minimalistisch gezeichnete Strichfigur, die mit Krone und Schwert ausgerüstet sichtbar fröhlich vorwärts läuft. In grellgrünen Buchstaben steht oberhalb der Figur: „Im Märchen tötet der Prinz den Drachen.“ Unterhalb des nun als Prinz erkennbaren Männlein findet sich die bittere Pointe: „In Tirol seine Ex.“ Die kindlich anmutende Zeichnung in Kombination mit dem ersten Teil des Textes verweist auf einen häufig bespielten Märchenplot: Der mutige Prinz rettet die Prinzessin vor einer Gefahr. In der Vergeschlechtlichung dieses Plots wird das Narrativ der erstrebenswerten heteronormativ organisierten Liebesbeziehung als märchenhaftes Happy End aufgerufen. Durch den zweiten Teil des Texts bricht allerdings der Ernst der Realität in die spielerische Szene: Ein Großteil an genderbasierter Gewalt geschieht in Nah- und Intimbeziehungen. Der Prinz ist also die Gefahr, nicht die Rettung. Dieser radikale Bruch mit der zuvor noch als harmlos eingeordneten Situation lässt zwar über die erzeugte Inkongruenz lachen, doch verbindet sich dieses Lachen schnell mit einem Unbehagen über die Brutalität der angesprochenen Realität. Hier zeigt sich, dass feministisches Spaßverderben zwar durchaus mit Komik, Ironie und Satire arbeitet, doch mischt sich unter das erzielte Lachen auch ein Unbehagen, das ein Potenzial zum Unruhe stiften hat.
Literatur:
Ahmed, Sara (2010): The Promise of Happiness. Durham/London: Duke University Press.
Ahmed, Sara (2017): Living a Feminist Life. Durham/London: Duke University Press.
Banet-Weiser, Sarah (2018): Empowered. Popular Feminism and Popular Misogyny. Durham/London: Duke University Press.
Critchely, Simon (2004): Über Humor. Wien: Turia + Kant.
Haraway, Donna (1990): A Manifesto for Cyborgs. Science Technology, and Social Feminism in the 1980s. In: Linda Nicholson (Hrsg.): Feminism/Postmodernism. London/New York: Routledge, 190–233.
Hennefeld, Maggie (2021): Affect Theory in the Throat of Laughter. Feminist Killjoys, Humorless Capitalists, and Contagious Hysterics. In: Feminist Media Histories 7/2, 110–144.
Verena Sperk ist Universitätsassistentin im Lehr- und Forschungs-bereich Kritische Geschlechterforschung des Instituts für Erziehungswissenschaft an der Univer-si-tät Innsbruck. Als Kolle-giatin des Doktorats-kollegs Geschlecht und Geschlechterverhältnisse in Transformation promoviert sie zu Komik als Mittel der feministischen Intervention.