Auf dem Rückencover sehen wir diesmal das vom Kollektiv Boem* produzierte Logo der Migrating Kitchen. Das Kollektiv steht für „eine Kunst, einen Aktivismus, Aktionismus, der Arbeit zu einem gesellschaftlichen Phänomen edeln möchte, und außerhalb der eigenen bürgerlichen Klasse – partizipierend rezipiert werden soll“. Das Grundprinzip entgegen der aktuell verbreiteten trendigen criticality ist, Kunst, Kultur und Aktivismus miteinander in Verbindung zu bringen und dabei den Bezug zu sozialen Bewegungen nicht außer Acht zu lassen. Mit seinem aktuellen Projekt Migrating Kitchen zielt das Kollektiv darauf ab, „sich die Rosinen aus einigen Ideen des Jugoslawischen Kommunismus es zu picken“. Ein inspirierendes Prinzip, um autonome und selbstverwaltete Betriebe zu schaffen, das jeder_m im Betrieb eine Stimme verleiht und im Idealfall die Eigentumsverhältnisse auf den Kopf stellt: ein Betrieb für Alle, für und von Arbeiter*innen. „Another communism is possible“ schreibt das Kollektiv. Das ist in dem Fall ein Appetit – anreger, der auf mehreren Ebenen zu Alternativen zur kapitalistischen Organisation anregen soll.
Auf dem Mittelposter wird diesmal die Arbeit wohnen | Cleo aus der Selbstportraitserie precarious luxury der in Wien lebenden und arbeitenden Fotografin und Künstlerin Sandra Kosel gezeigt. Ihre Arbeiten behandeln gesellschaftliche und gesellschaftspolitische Themen, die – mit ihren Worten – am besten als kontextuelle Kunst gefasst werden. Kosel hat einen spielerischen Umgang mit Methoden und Formen aus anderen Genres, um diese bewusst in Frage zu stellen oder/und ihnen einen neuen Rahmen zu geben: „Die Betrachter*innen sehen ein Image – eine Welt aus der sie stammen –, finden sie sich darin wieder?“ Die in der aktuellen Ausgabe vorgestellte Arbeit precarious luxury basiert auf einer Selbstportraitserie, die in drei „Grundbedürfnisse“ eingeteilt ist: wohnen | Cleo, essen | dinner for 2, Kleidung | my 2nd hand. precarious luxury generiert als Wortpaar in sich schon Widersprüche und konstruiert gleichzeitig durch diese Wortkombination eine Geschichte. Aber auch mit dem jeweiligen Bildtitel soll ein Bruch in der Assoziationskette erzeugt werden. Die Bildtitel nehmen auf die prekären Arbeitsund Lebenssituationen von Künstler*innen Bezug und sollen „Fehler im System“ auf ironische Weise aufzeigen. So bildeten Alltagsbegebenheiten eine Basis für die Selbstportraitserie.
Ein zentraler Arbeitsschwerpunkt der IG Bildende Kunst sind die Herausforderungen von Elternschaft und Künstler_insein. Unter dem Titel Kunst & Kind wurden in den vergangenen Jahren diverse Workshops, eine Interview-Reihe und Vernetzungstreffen realisiert sowie eine Mailinglist eingerichtet. 2017 führt die Galerie IG Bildende Kunst ein involvierendes und dezentrales Plakatprojekt zu diesem Thema durch: Kunst & Kind: Plakate! Ziel des Projekts ist ein verstärktes, öffentliches Sichtbarmachen der unterschiedlichen Lebens- und Arbeitsrealitäten von Künstler_ innen mit Kinderbetreuungspflichten. Im Rahmen eines internationalen Open Calls wurden aus mehr als 90 Einreichungen 6 Plakatsujets ausgewählt. Diese sind von 28. Juni bis 28. Juli 2017 in der Galerie IG Bildende Kunst zu sehen. Die Beiträge stammen von den Künstlerinnen Barbi Bašić (S. 5), Pia Bodingbauer (S. 27), Nana Kogler (S. 29), Hannah Menne (S. 7), Len Musik (S. 23) und Micha Wille (S. 11). Sie thematisieren unterschiedliche Aspekte von Alltags- und Kunstbetriebs-Routinen, kehren Rollenmodelle um oder sprechen konkrete Herausforderungen an.
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